Montag, 13. Juni 2011

Spackeria

Spackeria, Datenschutz technisch unsinnig:


Und so „nahm man das Recht in die eigene Hand“: Ausgeklügelte Konzepte und Systeme wurden entwickelt, um zu garantieren, dass nur wer auch bezahlt hat, Zugriff auf die Inhalte hat. Nicht alle dieser Systeme waren clever gebaut, einige waren nur zu trivial auszuhebeln, doch schlussendlich kann man alle DRM Systeme auf die folgende Idee zurückführen: Es geht darum Bits schwerer kopierbar zu machen. Für ein Videospiel bedeutet das, dass die Kopie der DVD nicht ausführbar ist als Spiel, für einen Film, dass man ihn nicht ansehen kann, obwohl man die Daten hat: Der „illegale“ Nutzer hat die Daten, kann mit ihnen aber nicht tun, was er oder sie will.

„making bits harder to copy is like making water that’s less wet“ (vgl hier)

Wie passt das zum Datenschutz? Datenschutz ist DRM (zumindest jeder technische, der legale ist wirkungslos, wie schon bei den so genannten Raubkopien). Und genauso wie große Spielehersteller oder die Content-Mafia es nicht schaffen, ihre Bits so zu verdrehen, dass die zahlenden Kunden die Bits nutzen und die nicht-zahlenden „Piraten“ draußen bleiben, genauso wenig schafft es irgendjemand seine persönlichen Daten zu „schützen“, egal wie viele Checkboxen Facebook noch hinzufügt: Wenn ich ein Bild von mir hochlade, dann kann das jeder, den ich es betrachten lasse, vervielfältigen und verbreiten, da helfen auch halbgare Implementierungen wie das „Radiergummi fürs Internet“ nichts. Das Problem ist doch nicht einmal neu: Wenn man früher den Gästen der eigenen Hochzeit die Möglichkeit gab, Abzüge von Partyfotos zu bekommen, dann gab man jegliche Kontrolle über das Bild auf, das Internet und die Repräsentation durch Bits hat den ganzen Vorgang nur schneller und billiger gemacht.



kommentare:

Betrachten wir doch einfach mal ein Beispiel (und weils so schön ist nehmen wir ein richtig ausgelutschtes!): Ich packe Partyfotos von mir auf meine Facebook Seite und werde nun nicht eingestellt. (Oh Noes!) Aber ich bin gewitzt! Ich schreibe über meine Fotos den Text „Die Verwendung dieser Fotos im Kontext von Bewerbungen ist unzulässig“, damit wäre die Ablehnung (aufgrund des Fotos) natürlich illegal, und doch beweifle ich, dass Du damit vor Gericht weit kommst, wenn Du Bilder publizierst und dann arbiträre Einschränkungen dran heftest (ganz losgelöst von der Tatsache, dass selbst wenn betrunkene Fotos der ausschlaggebende Grund für die Ablehnung waren, man immer einen anderen formalen Grund vorschieben kann): Das Gericht würde sagen, dass Du den Zugriff auf die Bilder hättest absichern müssen, um unbefugten Zugriff zu unterbinden (vgl. Störerhaftung bei offenem WLAN).
Dein zweites Argument von dem „Besitz meiner Daten“ klingt super und ist eine ähnliche Illusion wie die vom Datenschutz selbst.
„10101101011101011010110101010″. Wem gehören diese Daten, diese Bits? Sind das Deine? Meine? Datenbesitz ist illusorisch, weil Daten (gerade digitale Daten) eben nur das sind: Daten. Sie haben keine Besitzer, keine Kontrollen, keine Kopierschutzmechanismen. Sie sind nur 1 und 0 Folgen. So müsstest Du zuerst einmal eindeutig festlegen, wie ich den Besitzer eines zufälligen Datenstroms finden kann: Nehmen wir ein kommerzielles Programm. Du hast eine Lizenz zum Nutzen erworben. Nun nimmst Du die Bits und importierst sie als Rohdaten in Audacity (kommt teilweise echt funky Rauschen raus!). Wem gehört das Audiofile?


Ok, sind „1110111010101010111101000111″ personenbezogen? Wenn ja, warum, wenn nein, warum nicht?
Das Programm->Audiofile Beispiel hat selbstredend nichts mehr mit Datenschutz zu tun, sondern damit, dass deutlich ist, dass ein „Datenstrom“ niemandem gehören kann, weils nur 1 und 0 sind: Die kannst denselben Datenstrom als Bild, als Film, als Programm und als sonstwas interpretieren und dadurch verändert sich also potentiell der Besitzer? Wenn dem so ist, dann kommt der Besitzer offensichtlich durch die Interpretation in die Welt, nicht durch die Daten.

einwand:
Bits ohne Interpretation sind zweckfrei; wenn wir uns hier nicht implizit auf UTF-8 geeinigt hätten, könnten wir auch nicht kommunizieren. Die Interpretation kommt spätestens durch den Verwendungskontext. Genauso, wie Dir die Grenzkontrollen in den USA nicht mehr abnehmen, daß Du auf Deiner (verschlüsselten) Platte Zufallszahlen sammelst, wird ein Adresshändler einem Gericht glaubhaft machen können, er verwende die Datei mit den Adressen nur als (schlechte) Entropiequelle.

antwort:
Nun zu den Bits. Wir kommen hier glaube ich aus unterschiedlichen Ecken: Ich habe versucht zu zeigen, dass an den reinen Daten (ob „personenbezogen“ oder nicht) keinerlei Metadaten wie z.B. Eigentümer hängen. Sicherlich nutzt Du eine bestimmte Bitfolge interpretiert für persönliche Daten, aber eine identische Bitfolge wird irgendwo anders auf der Welt vielleicht als Musik verwendet. Es geht mir hier gar nicht um legale Argumente sondern um Grundsätzliches: Wir haben zwei identische (ununterscheidbare) Dinge, die nun aber aus nicht an den Daten haftenden Begründungen unterschiedliche Besitzer und Eigenschaften haben, das ist in sich einfach nicht logisch und dieser Widerspruch ist der, auf den ich heraus wollte.

Ich will hier nicht übermäßig „nitpicken“, aber Daten existieren ganz offensichtlich auch außerhalb ihres interpretatorischen (sinngebenden) Kontextes. Siehe: „11101110101110101010100101″.
Die Behauptung der Besitzbarkeit von Daten ist hochgradig schwierig schon alleine vor dem rechtlichen Hintergrund. Was ist Besitz? §854 Abs 1 BGB:
Der Besitz einer Sache wird durch die Erlangung der tatsächlichen Gewalt über die Sache erworben
Hier haben wir das Problem mit „der Sache“: Sicherlich kannst Du sagen, dass Dir, das Bild gehört, welches Du gemalt hast (auch als „Idee“/“Werk“), aber die Bitfolge, die das Foto als JPEG kodiert ist nicht eindeutig nur Deinem Werk zuzuordnen.
Wenn eine Bitfolge also unterschiedliche „Sachen“ ist, dann funktioniert das Gesetz nicht mehr: Entweder müssen sich alle „Besitzer“ alle „Vorkommen“ der Bitfolge teilen („Mitbesitz“) oder „First come first serve“ gilt. Wollen wir auch nicht.
Intellektuell müssen wir einfach weg von Daten, Daten sind einfach nur. Wie Luft und Wasser. Nicht böse, nicht gut, nicht Deins, nicht meins.

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